Was sie auch immer zu sagen hatte, war wichtig, oft provokativ, manchmal auch falsch, aber nie trivial, nie gleichgültig, nie mehr zu vergessen“, beschreibt der Philosoph Hans Jonas seine Kollegin Hannah Arendt.
Wie provokativ sie sein kann, stellt Hannah Arendt 1961 unter Beweis. Im Zuge des Eichmann-Prozesses in Jerusalem veröffentlicht die jüdische Journalistin die Theorie zur Banalität des Bösen. Ihre These basiert auf der Auffassung, dass Eichmann als ausführendes Rädchen innerhalb einer Maschinerie stumpf Befehle des NS-Regimes ausführte, wie es ein eifriger Verwaltungsbeamter eben gewohnt ist zu tun. Sie spielt seine Schuld in keiner Weise herunter, aber sie sieht in Adolf Eichmann, der für Massendeportationen in Vernichtungslager eine Hauptverantwortung trägt, eher einen bitterlich gehorsamen Angestellten, als einen selbstständig handelnden Teufel. Ihrer Ansicht nach müsse ein Mensch kein Monster sein um zum Mörder zu werden. Auch aus Pflichtbewusstsein könne bereits ein grausames Verbrechen entstehen. Adolf Eichmann wirkt auf sie nicht wie eine Bestie, sondern schlicht banal. Der Mensch von nebenan und mit Sicherheit alles andere als ein Denker.
Vor allem bei ihren jüdischen Kollegen trifft ihre Sichtweise mehrheitlich auf Unverständnis. Ihr Buch „Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen“ entwickelt sich zum Skandal. Unmut ensteht auch, als sie sich öffentlich über die von ihr empfundene Widerstandslosigkeit der Judenräte während des Holocausts wundert. Zudem steht die Philosophin der jüdischen Staatsbildung in Palästina skeptisch gegenüber. Sie fürchtet eine neue Form von Nationalismus könne erstarken. Bis heute wirft man ihr in diesem Zusammenhang ein gewisses Maß an Naivität vor.
Ob man Arendts Meinung nun teilt oder nicht, bleibt jedem Leser ihrer Schriften selbst überlassen. Zwar distanzieren sich nach 1963 einige Bekannte und Schüler von Hannah Arendt, mundtot machen lässt sich die Philosophin aber nicht. „Man darf sich nicht ducken!“ lehrt sie schon die Mutter.
Hannah Arendt wird am 14. Oktober 1906 in Hannover-Linden geboren und wächst in Königsberg auf. Nach dem frühen Tod des Vaters lebt sie mit ihrer Mutter Martha Arendt zusammen, die ihrem Kind „eine Erziehung ohne alle Vorurteile und mit allen Möglichkeiten“ ermöglicht. Nach Ende des Ersten Weltkriegs avanciert das Haus der Mutter zum Treffpunkt für gemäßigte Sozialdemokraten. Hannah Arendt studiert in Marburg, Freiburg und Heidelberg Philosophie. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wird es für die Jüdin gefährlich. 1933 flieht sie vor den Deutschen nach Paris und emigriert schließlich nach New York. Dort stirbt sie am 4. Dezember 1975. Ihr wissenschaftliches Werk ist in drei Bänden den Elementen und Ursprüngen totalitärer Herrschaft gewidmet.
hannah arendt by ninscha törtl/ninschart/acryl auf leinwand/40cmx40cm